Archäologische Begleitung des Neubaus

Neubau
© junikum GmbH

Von Jochen Röttger.

Oer-Erken­sch­wick. Nach­dem am letz­ten Mon­tag der ers­te Spa­ten­stich für den Neu­bau der Kin­der- und Jugend­hil­fe­ein­rich­tung juni­kum erfolg­te, roll­te am fol­gen­den Mitt­woch bereits der Bag­ger an (s. Bericht der Stim­berg Zei­tung bei Face­book und in den juni­kum-News). Das Gelän­de des alten Pas­to­rats von Oer, wo der Neu­bau jetzt ent­ste­hen soll, kam Anfang der 1990er Jah­re in den Fokus der Hei­mat­for­schung als alter­na­ti­ver Stand­ort der “Burg Oer”. Stadt­ge­schicht­li­che Bedeu­tung hat die­ser Sitz der Her­ren von Oer dadurch, dass hier die Keim­zel­le von Oer ver­mu­tet wird. Auch wenn bereits 1436 die Her­ren von Oer von ihrem Lan­des­herrn, dem Köl­ner Erz­bi­schof, end­gül­tig aus dem Vest ver­trie­ben wur­den, zeigt das Wap­pen der Stadt Oer-Erken­sch­wick doch ein­drucks­voll, wie eng der Bezug zur Fami­lie von Oer noch in heu­ti­ger Zeit ist. Nicht das kur­köl­ner Kreuz, wie in vie­len Städ­ten im Vest, son­dern das Wap­pen der Fami­lie von Oer bil­de­te die Basis des Stadtwappens.

Der Stand­ort des ursprüng­li­chen Sit­zes der Fami­lie von Oer, also bevor sie ab ca. 1377 ihren Sitz auf der Hor­ne­burg nah­men, ist bis­her nicht sicher bekannt. Zum einen gibt es den schon lan­ge bekann­ten Stand­ort nahe des Kanin­chen­bergs. Hier initi­ier­te der Ver­ein für Orts- und Hei­mat­kun­de 1964 auch eine Such­gra­bung, um Klar­heit über den Hügel zu bekom­men, der sich in dem ehe­ma­li­gen Sumpf­ge­län­de abzeich­ne­te. Aber auch die 1983 durch­ge­führ­te zwei­te Not­gra­bung brach­te nicht den end­gül­ti­gen Beweis. Viel­mehr kam 1991 von Kri­ti­kern des alten Stand­orts eine zwei­te Theo­rie auf, die sich pri­mär auf eine Kar­ten­ana­ly­se stützt. Sie beru­fen sich auf die in alten Kar­ten rund um das Pas­to­rat ein­ge­zeich­ne­te Gräf­te. Eine Gräf­te ist die west­fä­li­sche Bezeich­nung für einen Was­ser­gra­ben, der vor­nehm­lich zu Ver­tei­di­gungs­zwe­cken ange­legt wur­de. Die Befür­wor­ter der neu­en Theo­rie sehen dar­in einen Rest des Herr­schafts­sit­zes derer von Oer. Häu­fig waren die Herr­schafts­sit­ze in ihrer Ursprungs­form nichts wei­ter als befes­tig­te Bau­ern­hö­fe, wie z.B. auch das heu­ti­ge Schloss Horst in Gel­sen­kir­chen ursprüng­lich nur eine befes­tig­te Hof­an­la­ge war. Das jet­zi­ge Bau­ge­biet ist daher beson­ders interessant.

Zur Prü­fung des Bau­un­ter­grunds wur­den von der Bau­fir­ma am heu­ti­gen Tag Schnit­te aus­ge­ho­ben, die danach von einem Gra­bungs­team der “LWL-Archäo­lo­gie für West­fa­len” noch genau­er unter­sucht und archäo­lo­gisch erfasst wur­den. Ange­trof­fen wur­den hier­bei über­wie­gend alte Auf­schüt­tun­gen. Der Schnitt in der Nähe des Stra­ßen­rands könn­te even­tu­ell ein Teil der in den alten Kar­ten ein­ge­zeich­ne­ten Gräf­te ange­schnit­ten haben. Da eine tie­fe Aus­he­bung der Bau­gru­be nicht not­wen­dig ist, ist auf­grund der in den Schnit­ten ange­trof­fe­nen Befun­de nicht vor­ge­se­hen, die gesam­te Flä­che zu erfas­sen. Viel­mehr wird die geplan­te Boden­plat­te eine Ver­sie­ge­lung der Stel­le bewir­ken, so dass die Situa­ti­on in der Erde für kom­men­de For­schun­gen erhal­ten bleibt. Wird bei der Aus­he­bung des Bodens sicht­bar, dass auf­grund der Boden­be­schaf­fen­heit doch tie­fer aus­ge­ho­ben wer­den muss, wird sich das Gra­bungs­team die neue Situa­ti­on anse­hen und den Befund dann aufnehmen.

 


 

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